Wie gendert ChatGPT, wie gendert eine künstliche Intelligenz? Standardmäßig antworten ChatGPT und Co. im generischen Maskulinum. So weit, so wenig sprachlich sensibel. Das Gute ist: Wir können an der KI drehen und schrauben, damit sie mehr als nur die männliche Form ausspuckt. Einen Tipp verraten wir vorab: Lassen Sie nie die KI alleine gendern, bessern Sie immer nach. Die Lesenden werden es Ihnen danken.
Inhalt
Kurze Begriffsklärung: generisches Maskulinum
Doch zunächst geben wir eine kurze Begriffsklärung: Generisches Maskulinum bedeutet, dass ein männlicher Begriff wie Leser gesagt oder geschrieben wird und damit dennoch Menschen jeglicher Geschlechtsidentität gemeint sind. So wie wenn wir zur Begrüßung „Liebe Leser“ schreiben würden, in der Hoffnung, Sie als Lesende würden sich schon alle gemeint fühlen. Wir wissen inzwischen, dass der dahinterstehende Gedanke – mitgemeint ist mitgedacht – nicht funktioniert.
„KI, gendere grundsätzlich“
Das ist unser erster und gleichzeitig bester Tipp. Damit Sie das nicht jedes Mal tun müssen, sagen Sie das der KI grundsätzlich. Bei ChatGPT beispielsweise gibt es eine Einstellung, mit der Sie ChatGPT individuell konfigurieren können. Da sich die Oberfläche immer wieder leicht ändert, nennen wir hier nur Anhaltspunkte und beschreiben nicht den genauen Weg. Im Menü sollten Sie einen Punkt „individuell konfigurieren“ und dort ein Kästchen finden, in das Sie Allgemeingültiges hinterlegen können.
Neben verschiedenen anderen Anweisungen haben wir dort folgenden Befehl eingegeben: „Nutze immer gendersensible Sprache.“ Seitdem sind die von ChatGPT ausgegebenen Texte einigermaßen gut gegendert. Einigermaßen gut deshalb, weil ChatGPT nicht die Vielfalt in den Bits und Bytes hat, die wir im Kopf haben. Aber gut, es ist ein Anfang.
Tipp: Legen Sie in den Einstellungen der KI fest, dass grundsätzlich gegendert werden soll.
Spoiler: Es liegt an den Trainingsdaten
Es ist wenig verwunderlich, dass wir Menschen besser darin sind, eine geschlechtersensible Sprache anzuwenden. Denn die Trainingsdaten der künstlichen Intelligenzen sind überwiegend auf Englisch. Dies ist ihr erster Schwachpunkt. Beim Hin- und Herübersetzen kommen Inhalte anders heraus als herein, denken Sie nur an das Stille-Post-Spiel.
Der zweite: Wir müssen annehmen, dass die Trainingsdaten aus dem Internet nicht zwingend geschlechtersensibel sind. Ein Beispiel, das uns bei der Recherche für diesen Beitrag unterkam: Bei der Übersetzung des Begriffs doctor aus dem Englischen macht die KI häufig einen männlichen Arzt, wohingegen nurse wahrscheinlicher mit Krankenschwester übersetzt wird.
Ein dritter Schwachpunkt: Eine künstliche Intelligenz arbeitet nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip. Wir erhalten also im Ergebnis einen Text, der nicht unbedingt der beste ist. Vielmehr entsteht der Text nach diesem Muster: Diesem bestimmten Wort folgt mit hoher Wahrscheinlichkeit jenes Wort. Die vielfältigen Möglichkeiten, die wir beim Gendern haben, können von einer KI (bisher?) nicht ausgeschöpft werden.
Apropos Schwachpunkt: Das Beitragsbild haben wir mit einer KI generiert. Vorgabe war der Titel des Blogbeitrags, wir haben den Text dazu eingegeben und um ein passendes Bild dafür gebeten. Wir haben nicht geschrieben, dass das Bild eine Figur enthalten soll; wir haben nicht geschrieben, dass eine weiße, weibliche und blonde Person verwendet werden soll. Das zeigt, wie diskriminierend die KI arbeitet.
Tipp: Prompten Sie immer, dass Klischees vermieden werden sollen.
Konkretisieren Sie das Gendern
Zeigen Sie der KI die vielfältigen Möglichkeiten in einem Prompt. Wenn Sie einen Text erstellen, erweitern Sie Ihren Prompt etwa um folgenden Zusatz: „Gendere den Text, indem Doppelnennungen benutzt werden. Vermeide das Wort ‚Schüler‘, nutze den Begriff ‚Schülerinnen und Schüler‘.“
Gleiches gilt auch für andere Formen des Genderns:
- Nutze im Text zum Gendern den Genderstern.
- Gendere mit neutralen Begriffen wie Person statt Mann.
Wichtig ist bei dieser Vorgehensweise, dass Sie den Prompt möglichst konkret und beispielhaft formulieren. Zudem ist es nötig, den Text, der Ihnen von der künstlichen Intelligenz vorgesetzt wird, zu überarbeiten. Von der KI erstellte Texte sind immer kritisch zu hinterfragen und zu beleuchten. Aber das gehört zum kleinen Einmaleins bei der Arbeit mit einer KI.
Beim Testen unseres Textes passierte Folgendes: Alle Schüler wurden zu Schülerinnen und Schülern. Das Gute daran ist, dass wir dadurch im Fokus hatten, wie wir anders gendern können. Beim Prompt mit dem Genderstern konnte sich die KI nicht jedes Mal zum Verwenden des Sterns durchringen. Vielfach stand das Wort „Schülerinnen“ im Text. Aber auch hier wurden dadurch die Stellen deutlich, die weiter gegendert werden können.
Tipp: Sagen Sie der KI konkret und beispielhaft, wie sie gendern soll. Überarbeiten Sie anschließend den Text gründlich.
Geben Sie Ihren Text der KI zum Gendern
Vorneweg: Geben Sie der KI niemals sensible, personenbezogene Daten. Wenn Sie das beherzigen, können Sie in den KI-Tools Ihren Text eingeben und einen Auftrag zum Gendern des bereits vorhandenen Textes vergeben. Der Prompt lautet „Gendere den folgenden Text“. Wir haben dies für Sie für diesen Blogbeitrag mit folgendem Satz ausprobiert: „Der Besucher soll die Tasche einschließen.
Die künstliche Intelligenz macht daraus: „Die Besucherin soll die Tasche einschließen.“ Das ist – nun ja auch – ein Anfang. Im Ernst: Mit dieser Bearbeitung können Sie bei Texten erkennen, wo gegendert werden könnte. Mit diesem Wissen können Sie selbst entscheiden, wie und an welchen Textstellen Sie gendern möchten. Auch längere Dokumente können übrigens hochgeladen werden. Auch hier gilt: Laden Sie niemals sensible Daten hoch.
Spoiler: Wenn der Kontext passt, würden wir als menschliche Intelligenz hier die direkte Ansprache wählen und formulieren: „Schließen Sie Ihre Tasche ein.“
Tipp: Lassen Sie Ihren vorhandenen Text von der KI gendern und arbeiten Sie dann nach.
KI-Prompterinnen und Genderexpertinnen
Uns war schon vorher klar, dass die KI beim Gendern an ihre Grenzen kommen wird. Dennoch wurden wir positiv davon überrascht, dass schon allein die Konfiguration etwa bei ChatGPT einen positiven Effekt bezüglich des Genderns auf die Texte hat.
Allerdings bestätigt sich das, was grundsätzlich für das Arbeiten mit einer KI gilt: Sie kann uns unterstützen und Vorarbeiten leisten – den kreativen Touch und die persönliche Note gibt die menschliche Intelligenz den Texten.
Fallen Ihnen weitere Tipps zum Gendern mit künstlicher Intelligenz ein? Schreiben Sie sie uns in den Kommentar.
Übrigens haben wir uns in den vergangenen Wochen weitergebildet und sind nun beide zertifizierte KI-Prompterinnen. Unser frisch erworbenes Wissen floss in diesen Beitrag ein.
Unsere Expertise beim Gendern geben wir in Workshops weiter; im Herbst haben Sie wieder die Gelegenheit dazu. Oder Sie fragen uns für ein Training in Ihrem Unternehmen an. Wenn Sie vorher ein Fachbuch lesen möchten, empfehlen wir Ihnen unser Workbook Gendern. Sie lesen wieder von uns im September, im August machen wir eine kleine Blogpause.